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Kai Kemnitz

Unabhängiger Autor 

Geschichten aus der Welt Samyra

 Fantastische Welt - Fantastische Geschichten

Maincontent

Mörderische Arbeit

04.09.2018

Mörderische Arbeit

Kurztext

Ich saß vor meinem Opfer. Nicht mein erstes. Schon viele waren an seiner Stelle gewesen. Es ruhte in Schwarz gehüllt auf einem weißen Laken. Still, unschuldig. Zum Tode durch meine Hand verdammt.

Mein Blick wanderte über seine betörenden Kurven, diese glatten Linien wie mit einem Pinsel sorgsam gezogen. Bald sind sie Vergangenheit. Dieser beiläufig erzeugte Körper hätte niemals das Licht der Welt erblicken dürfen. Ich ärgerte mich über die Unzulänglichkeit des Erschaffers. Etwas so Anmutiges und Anziehendes zu gebären, das gleichzeitig so überflüssig war. Zumindest die meiste Zeit.

Es hatte mich immer wieder in seinen Bann gezogen, mich immer wieder verführt, und ich war immer wieder darauf hereingefallen. Ich hatte mich so oft mit meinem Opfer vergnügt, hatte viele schöne Stunden mit ihm verbracht. Es hatte mich beflügelt, mich vorangetrieben. Doch damit sollte jetzt Schluss sein! Ein für alle Mal! Es hatte mich betrogen, mich hinters Licht geführt und mir hehre Absichten vorgegaukelt. Hatte mir immer und immer wieder versichert, dass ich es brauchte. Endlich hatte ich seine Absichten durchschaut und würde ihm hier und jetzt ein Ende setzen.

Vorfreude breitet sich in mir aus, ein leises Lächeln umspielte meine Lippen. Ich betrachtete mein Werkzeug. Ein Wunder der modernen Technik, in den richtigen Händen zum Erschaffen gemacht, sollte mir heute zum Vernichten dienen.

Mein Opfer kam unerwartet zu Bewusstsein und starrte mich aus entsetzten Augen an. »Aber ...«, begann es stammelnd hervorzubringen.

»Schweig!«, fuhr ich es an. Ich hatte keine Zeit für Mitleid und musste mich auf meine Arbeit konzentrieren.

Es ließ keine Ruhe, begann in seiner Fixierung zu zappeln. Ich lächelte diabolisch. Ich wusste, dass es sich nicht befreien konnte, es war gut an dem weißen, wie jungfräulich wirkenden Untergrund befestigt.

In den Augen meines Opfers zeigte sich Erkenntnis, als ihm bewusst wurde, dass es mir hilflos ausgeliefert war. Der Ausdruck wich einem wehleidigen Blick. »Aber ...«, wimmerte es ängstlich.

Ich ignorierte es. Ich hatte eine wichtige Entscheidung zu treffen. Sollte ich es von Kopf bis Fuß zerlegen? Dann würden die weinerlichen Blicke schnell aufhören, es könnte jedoch nicht schreien und jammern. Vielleicht doch lieber von Fuß bis Kopf zerstückeln? Ja, das war bei diesem Opfer die richtige Reihenfolge. Ich wollte es schreien hören, mich in seinem Schmerz suhlen, wenn ich es Stück für Stück von seiner Existenz erlöste.

Ich machte mein Werkzeug bereit und brachte es in die richtige Position. Der Blick meines Opfers traf den meinen, zufällig, doch es nutzte die sich bietende Möglichkeit. Ich konnte eine tiefe Bitte in den schon bald toten Augen ablesen. Ich grinste es bösartig an.

»Aber ...«, jaulte es erneut, dieses Mal voller Verzweiflung. Es wusste, dass es sterben würde. Ein letzter Versuch, mich von meinem Vorhaben abzubringen.

Ich genoss seine Qualen und konnte das zufriedene Lächeln nicht aus meinem Gesicht wischen. Das letzte, was mein Opfer sehen sollte, war mein niederträchtiges Grinsen.

Das Werkzeug war bereit, an den Füßen meines Opfers aufgestellt. Sorgsam würde es sich, wie schon viele Male zuvor, durch seinen Körper schneiden. Beine, Arme und schließlich der Kopf würden sich vom Körper trennen und vom weißen Laken fallen. Ich ließ meinen Finger noch eine Weile über dem Auslöser schweben, genoss die zunehmende Angst meines Opfers.

Kurz schossen mir Zweifel durch den Kopf. War es wirklich richtig, dieses Leben zu beenden? Ich warf noch einen Blick auf mein Opfer und schob den Gedanken beiseite. Natürlich war es richtig. Und selbst, wenn nicht: Es gab unzählige, die seinen Platz einnehmen könnten, wenn ich meine Tat nachträglich bereuen würde.

Ich zögerte nicht länger. Sanft umschmeichelte mein Finger den Knopf und drückte ihn behutsam herunter. Mein Werkzeug tat, wofür es gemacht war, und trennte sorgfältig die erste Gliedmaße ab. Und mein Opfer schrie entsetzt auf. »Aber ... !«

Kein Blut spritzte, keine Verunreinigung auf dem Laken. Es lag weiterhin unberührt da. Ich liebte dieses Gerät. Das leise, monotone Surren, während es sich mit jedem weiteren Druck meines Fingers gierig voran arbeitete.

»Abe... !«, gellte der schmerzerfüllte Schrei meines verstümmelten Opfers durch die Luft.

Ich lachte gehässig und drückte ein weiteres Mal auf den Knopf.

»Ab... !«, erstickte der nächste Schmerzenslaut im Aufbäumen meines Opfers.

Genugtuung erfasste mich. Wie in Ekstase hämmerte ich weiter auf den Auslöser. Wie ein hungriges Tier aus Metall und Plastik fraß sich meine Maschine durch den Körper.

Mit einem erstickten, gurgelnden »A... « sackte mein Opfer zusammen, blieb reglos liegen und wurde gänzlich von meinem Werkzeug verschlungen.

Ich betrachtete mein Werk. Ja, es war jetzt deutlich besser. Ich war froh, dass ich mich dazu entschlossen hatte, ein weiteres überflüssiges »aber« aus dem Text zu entfernt. Zufrieden lehnte ich mich zurück, doch keine Zeit zum Verweilen. Es gab noch zahlreiche weitere Füllwörter, die auf ihren Tod warteten ...

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